Mein Problem mit den einfachen Leuten auf dem Land
Frank Isfort am 3. Oktober 2012


Die Leute sind, wie man bei uns so sagt, sehr einfach gestrickt. Wenig Bildung, raue Sitten und kaum Gesprächsgrundlagen. Es sei denn, man will sich über saufen, Titten und Fußball unterhalten. Da die guten Gespräche fehlen, habe ich das Gefühl, mich zurück zu entwickeln. Das liegt natürlich auch an meinen Sprachkenntnissen. Zurück in Deutschland merke ich, dass ich eine Anlaufzeit brauche, um wieder geistig fitter zu werden.
In Mindo und Quito sind die Gespräche für mich qualitativ viel besser. Da ist die Auswahl der Themen größer, ich kann mich besser ausdrücken und rede viel mehr. In Esmeraldas gibt es mit Sicherheit auch super gebildete und interessierte Gesprächspartner – siehe Isabel und Hector – doch ich finde sie nicht. Quito ist halt die Hauptstadt, das geistige Zentrum und allein dadurch ist die Anzahl gut gebildeter Menschen dort viel höher als in den unterentwickelten Randgebieten.
Das heißt nicht, das ich mit den Leuten nicht zurechtkomme und sie nicht herzlich und nett sind. In Aguas Frías finde ich die Menschen sogar angenehmer und netter als in Atacames oder Esmeraldas. Wenn ich aber größtenteils nur mit Leuten auf dem unteren Level zusammen bin, fehlt mir einiges um gefordert zu werden und es ist dann unbefriedigend. Das ist mit der Hauptgrund, warum ich so alle sechs bis acht Wochen raus und nach Quito muss.

Gerade auf dem Land ist von Freitagabend bis Montagmorgen Dauersaufen bis zum Verlust der Muttersprache angesagt. Die Leute werden unangenehm, aufdringlich und oft auch aggressiv. Da sehe ich zu, dass ich mich wenig blicken lasse, denn Lust mir Knöpfe an die Backe labern zu lassen habe ich nicht. Früh morgens, wenn sie grölend und singend vom Saufgelage an der Schule nach Hause ziehen, fühle ich mich unwohl und habe die Befürchtung, dass sie etwas wollen oder randalieren. Doch das war bis jetzt nicht der Fall. Ist wahrscheinlich auch eher ein Problem unserer Gesellschaft. Bis jetzt haben sich alle respektvoll verhalten und was sehr selten ist, selbst beim Schulbau ist nichts geklaut worden. Das muss auch mal gesagt werden und wenn ich mich bei Betrunkenen unwohl fühle, ist das auch mein Problem mit den eingefressenen Ängsten.
Dazu kommen noch die „Alkoholtouristen“ aus Atacames und Tonsupa ins Tal, um sich mit den geisttötenden Getränken voll laufen zu lassen. Das ist die Folge des Alkoholverbots am Sonntag. In den Städten achtet die Polizei schon darauf, dass die Geschäfte und Bars keinen Alkohol verkaufen, doch auf dem Land kümmert das keinen. So entstehen dort immer mehr einfach zusammengezimmerte Ballerbuden, die einigen Leuten ein gutes Einkommen beschert. Prost.
