Gruppenbild Aguas Frías Frauen und Kinder Kindergruppe spielende Kinder im Hof Baby mit Schwein im Hof

Blog aus Ecuador

Die Sonnenschule und wie ich sie erlebt habe

Lena Urzendowsky am 1. Februar 2019

LenaLenaLena

Mein Name ist Lena Urzendowsky, ich bin gute Achtzehn Jahre alt und komme aus Berlin.

Darüberhinaus habe ich im Sommer 2018 mein Abitur geschrieben, bin seit kurzem also ein so freier Mensch, wie ich es wohl lange nicht mehr sein werde und habe beschlossen diesen Umstand intensivst auszunutzen. Da es einen meiner Brüder vor acht Jahren dauerhaft nach Ecuador verschlagen hat und er hier mittlerweile eine Familie und auch sonst eine ihn erfüllende Existenz gegründet hat, schien mir eben dieses Land als ein perfektes erstes Ziel für mein Vorhaben.

Anders als die meisten bin ich zu Franks Sonnenschule gekommen, wie die Mutter zum Kind: Eigentlich bin ich auf gut Glück einfach mal so losgefahren, habe im Land dann aber recht schnell über Hören- Sagen von dieser Einrichtung gehört und über einen Freundesfreund zu Frank Kontakt aufgenommen. Und so habe ich mit ihm recht spontan abgemacht, dass ich für eine kurze Zeit dazukomme und wo ich kann mithelfe.

Lena Und da wären wir auch schon bei dem ersten nennenswerten Punkt, der hier im Unterschied zu Deutschland wirklich auffällig ist. So entspannt und unaufgeregt, wie diese Abmachung zwischen Frank und mir verlief, so ist die ganze Art der Menschen und natürlich auch ihrer Kinder im Umgang mit der Welt und untereinander. Was andere als ein Problem, oder gar als Drama sehen, wird hier oftmals gar nicht als störend wahrgenommen.
Am Anfang war ich verwirrt, wenn mir der nicht mal zweijährige Sohn von Genesis, einer der engagiertesten Helferinnen der Sonnenschule, einfach hinterherlief wenn ich einen Spaziergang machte und es sie gar nicht störte, dass ihr Sohn plötzlich für längere Zeit von der Bildfläche verschwand. Aber was soll schon passieren. Hier kennt ohnehin jeder jeden. Irgendwer wird schon bei ihm sein und wenn er sich hinpackt, dann weiß er wenigstens, dass rennen und lachen zuweilen noch zu viel Koordination auf einmal verlangt.

Lena Mir scheint, man hat hier einfach ein größeres und selbstverständlicheres Vertrauen in seine Mitmenschen und gleichermaßen eine ausgebildetere Sorglosigkeit. Für einen Europäer mag sie zu aller erst ungewohnt sein, aber wenn man sich auf sie einlässt, sieht man ja, dass hier alles genauso funktioniert. Nur eben in anderen Strukturen.

Und da kommt meines Erachtens nach Frank ins Spiel.

Ein Kind was spielen will, wird immer etwas finden, ob es die aus Müll gebastelten Autos sind, oder die zahlreichen Geschwisterkinder. Aber ohne Zweifel ist es nicht nur förderlicher, sondern auch viel schöner, richtige Spielsachen, Mal-, Schreibzeug und vor allem Zuwendung und Aufmerksamkeit zu bekommen. Bei so vielen Kindern mit der frühen Reife und Selbstständigkeit in einigen Bereichen, bleiben doch andere Themen eher im Dunkeln. Es ist schwer zu sagen, was die Fundatión eigentlich genau beleuchtet, denn es ist wirklich von allem etwas dabei. Von Ausflügen, über Unterricht bis hin zu gemeinsamen Spielen kommt nichts zu kurz.

Lena Aber es geht auch darüber hinaus. Die Möglichkeit die Sonnenschule und die Bestuhlung für ein Communidad Treffen zu nutzen, Veranstaltungen wie Tanzstunden, Ernährungsberatung oder generelle Beratung für die Mütter zeugen davon.

Obwohl die Familie als solche hier noch so einen großen Stellenwert hat, wie manch ein einsamer, oder im Altersheim lebender Opa in Deutschland sich nur erträumen könnte, scheint mir doch, dass viele Kinder trotz der ständigen Anwesenheit und fast schon Enge der anderen sich gerade über ein Wenig Zuwendung besonders freuen. Auch, wenn es wohl durch die Alternativlosigkeit mit bedingt ist, muss man nur irgendein Spiel vorschlagen und es wird mehr als begeistert und vor allem dankend angenommen.

Auffällig ist auch die wirklich große Teilbereitschaft der Kinder. Egoismus und der Drang nach Individualismus scheinen hier noch reines Erbmaterial zu sein, bekommt aber kaum die Möglichkeit sich tatsächlich auszubreiten. Das hat etwas sehr positives und, wie schon zu Beginn erwähnt, wundervoll unaufgeregtes hauptsächlich auf die eigene Person und ihre Wünsche bezogen. Aber dennoch ist es doch schade ein Leben zu leben ohne Wünsche und das Wissen um vieles, was diese Welt zu bieten hat, was man aber nur mit einer gewissen Bildung entdecken kann.

Lena Da sind wir also wieder bei Frank und seiner Sonnenschule und dem, was er hier ganzen Familien ermöglicht.

Ich bin schon fast am Ende meines viel zu kurzen Aufenthaltes angekommen, was ich sehr bedauere, denn gerade jetzt haben einige der Kinder angefangen mich trotz meines anderen Aussehens und meiner fernen Herkunft lieb zu gewinnen.

LenaLena Plötzlich wird man von hinten angestürmt von einem sonst ganz stillen und rein beobachtenden Mädchen und darf es gar nicht mehr aus den Armen lassen. Auch wenn meine von Kind auf gelernten Werte und Gewohnheiten sich in manchen Dingen widersprechen und es falsch wäre, sie hier aufzudrängen, tut es doch sehr gut zu merken, wie gerne mein Interesse an jedem einzelnen Kind und mein Wille ihnen Aufmerksamkeit zu schenken und ihnen doch noch das eine oder andere Wort Englisch beizubringen so dankend angenommen wird.

Ich bin sehr froh diese Erfahrung hier gemacht zu haben und Teil einer ganz anderen Lebensweise- und Philosophie gewesen sein zu dürfen. Das Leben hier ginge ohne Frage auch ohne Frank weiter, aber lange nicht so schön wie mit ihm und seiner Sonnenschule!
Lena
Lena

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