Genesis ist kein Einzelschicksal Teil 1
Frank Isfort am 6. Juni 2019

Es gibt genug davon. Genesis ist ein gutes Beispiel und Spiegel der Gesellschaft
hier auf dem Land.
Ich kenne Genesis schon von Anfang an und ich fördere sie jetzt mit ihrer Ausbildung, ihrer Weiterentwicklung und ihrem Leben.
Wir sind seit einigen Jahren direkte Nachbarn und ich erlebe die Chaos-Familie hautnah und live mit. Sie tut mir von den Geschwistern am meisten leid. Genesis hat meist ein trauriges Gesicht und scheint öfter in einer anderen Welt zu sein, doch wenn sie lacht ist sie wunderschön und sehr anziehend. Mittlerweile haben wir ein gutes freundschaftliches Verhältnis und eine Vertrautheit, die ganz selten in diesem Land ist. Sie vertraut mir jetzt Dinge an, bei denen mir die Ohren schlackern und ich innerlich eine Wut bekomme. Ganz klar, dass sie so traurig ist und oft abwesend.
Der Stiefvater hat ihr mit 13 Jahren ein Kind (Suany) gemacht und meint, sie wäre sein Eigentum. Mit 15 Jahren hat sie bei einem Taxifahrer gewohnt der ihr auch ein Kind (Aldair) gemacht und sie verprügelt hat, wenn er getrunken hatte. Da hat sie auch ein dickes Trauma zurückbehalten, warum ich jetzt auch ihr zuliebe auf mein Feierabendbierchen verzichte, weil wir ja in der Sonnenschule zusammen wohnen. Der Stiefvater hat sie mit Gewalt wieder zurück geholt und gedroht, jeden umzubringen der mit ihr anbändelt. Er meint, sie ist nur mit ihm glücklich. Da sie jetzt bei mir in der Sonnenschule wohnt und unter unseren Schutz steht hat sie Ruhe. Einmal wollte er nachts zu ihr ins Frauenhaus, doch sie hat ihn nicht hinein gelassen und mich um Hilfe gerufen.
Sie hat dann mehr oder weniger über vier Jahre herumgesessen, vor sich hin geträumt, konnte nicht mehr zur Schule gehen und war mit ihren zwei Kindern überfordert. Von Kindererziehung hat sie noch weniger Ahnung wie ihre Mutter. Wie auch, wenn den Mädchen das nicht beigebracht wird und sie merken, dass Babys keine Puppen sind und Erziehung brauchen. Ich habe vorher noch nie eine Familie erlebt, wo die Kinder soviel Schreien. Wenn die Erziehung aus ignorieren und anschreien besteht, ist es doch klar, das die Kleinen nach Liebe und Zuneigung schreien. Auch steckt sie noch voll in ihrer Frauenrolle. Kochen und Wäsche waschen. Ihren Sohn Aldair hat sie mal fürchterlich ausgeschimpft weil er eine Puppe in der Hand hielt. Jungen spielen mit Autos und nur Mädchen mit Puppe. So geht das hier zu.
Genesis hat manchmal Tränen in den Augen wenn ihre Tochter wie am Spieß brüllt und sich nicht beruhigen lässt. Sie ist dann richtig hilflos und fängt auch an rumzuschreien. Von den Geschwistern und ihrer Mutter, die ja selber keine Ahnung hat, hat sie kaum Hilfe zu erwarten. Seit ich mich jetzt mehr um Suani und Aldair kümmer, ist es schon besser geworden. Bei mir werden sie schnell wieder ruhig und die Tränen hören auf zu kullern. Auch wenn ich keine Kinder habe, von Kindererziehung habe ich schon eine Menge mit und erklärt bekommen. Ich werde versuchen in Esmeraldas Bücher über Kindererziehung aufzutreiben und wenn nicht, frage ich Freunde in Quito das sie mir die Bücher suchen und zuschicken, damit Genesis sich etwas mehr Wissen darüber verschaffen kann. Isabel nimmt sie manchmal nach dem Unterricht zur Seite und gibt ihr Tipps.
Ich bin der gute Freund, Vertrauter, Papa und Bodyguard für sie geworden und habe sie unter meine Fittiche genommen. Wir wohnen ja in der Sonnenschule zusammen, sie oben, ich unten und ich genieße auch ihre Nähe, so als wären wir eine Familie. Es ist jedoch noch etwas schwierig, weil sie wie fast alle hier, unzuverlässig, chaotisch und unordentlich ist. Langsam versteht sie jedoch die Regen für unser Zusammenleben, damit ich sie nicht irgendwann genervt rauswerfe. Sie ist ja nicht meine Partnerin und so sind die Regeln halt strenger. Da bin ich nicht so nachsichtig. Ein bisschen spielt das Herz jedoch auch mit. Ich habe sie total gerne und muss aufpassen, dass ich mich nicht verliebe. Die junge Schöne und der Opa – das passt einfach nicht.
Damit ich mich nicht ausgenutzt vorkomme, haben wir einige Regeln für unser Zusammenleben gemacht und Rituale eingeführt. Zwar fehlt das I-Tüpfelchen, doch es ist auch so sehr schön und mehr als ich eigentlich wollte und erwarten durfte. Da Genesis absolut kein Geld hat, ist sie von mir total abhängig. Ob es das Essen ist, Taschen- und Fahrgeld oder Kleidung. Da ich ihr manchmal bei der Wäsche helfe, weiß ich auch wie wenig Kleidung von ihr noch in Ordnung ist. Auf den Fotos fallen die Löcher und Risse nicht so auf. Ich werde sie jedoch nicht ausnutzen, wie das hier in dem Land so gerne gemacht wird. Sie soll sich frei entwickeln können. Ich merke wie ihr das gut tut, sie immer mehr auftaut und mir mittlerweile so ziemlich alles anvertraut. Auch ein Zeichen das sie mir voll vertraut, mich gerne hat und es nicht nur aus Berechnung macht, obwohl sie die Sicherheit sehr genießt. Klar kommt sie zwischendurch an und bittet um etwas, doch das ist normal und ich würde es in ihrem Fall wohl auch machen. Ich würde ihr ja gerne ein Taschengeld geben damit sie nicht immer für etwas fragen muss, doch sie kann überhaupt nicht mit Geld umgehen. Wenn sie was hat ist es auch schon ausgegeben.
Genesis hat Schwierigkeiten ihr erstes Kind Suani (vom Stiefvater) zu lieben, auch verkrampft sie sich bei Berührungen. Seit sie wieder bei mir in der Sonnenschule lebt, versuche ich ihr zu helfen wo es nur geht. Langsam versteht sie auch, dass Suani Opfer ist – wie sie auch. Wenn Suani mal wieder schreit, lege ich manchmal ihre Hand auf Suani, damit die Kleine auch mal die Nähe der Mutter spürt. Lange hält sie aber nicht aus und zieht die Hand wieder weg. Eigentlich braucht Genesis psychologische Hilfe um das Trauma aufzuarbeiten, doch ich kann nicht alles stemmen und bezahlen. Wir sind finanziell meist am Limit und wir haben ja zwischen 40 und 50 Kinder die auch unterstützt werden wollen und müssen.
Deshalb suche ich auch Paten die Genesis und ihre Kinder mit unterstützen und ihnen eine gute Ausbildung garantieren.