Die Familie Cruel Erazo
Frank Isfort am 4. April 2016


Seit etwa einem Jahr wohnt jetzt hinter der Sonnenschule die Familie Cruel Erazo. Zwei ihrer Kinder kommen schon sehr lange zu unserer Hilfe und ich mag sie sehr gerne.
Nach meiner letzten Rückkehr waren sie gerade bei den Dacharbeiten. Einfacher wie ihr Haus gebaut wurde geht es nicht mehr. Bambuswände, Lehmboden und für das Zinkdach hat es nur zur Hälfte gereicht. Die andere Hälfte ist eine Plastikfolie und in der Regenzeit steht das Haus oft unter Wasser. Die armen Menschen bauen halt da, wo das Land nichts kostet oder sie geduldet werden. Eine Toilette haben sie auch nicht und die Mädels fragen schon mal verschämt, ob sie die Toiletten der Sonnenschule benutzen dürfen. Da die Gruppe der „Steinschleuder“ mich gefragt hat, ob Biotoiletten was für Aguas Frías wären, könnte man da ja, wenn sie in Juli kommen, ein Vorzeige-Klo bauen und schauen wie es ankommt. Wasser zum Wäsche waschen und für ihre Wassertonne bekommen sie von der Sonnenschule. Da fällt die Schlepperei vom Bach weg. Waschen müssen sie sich im Freien vor der Hütte und am Anfang war es den Mädchen peinlich, wenn ich sie „überraschte“. Mittlerweile lachen und winken sie, wenn ich an ihrem „Badezimmer“ vorbei in die Küche gehe.
Jetzt versuchen die Kinder mit allen Tricks dauernd bei mir herumzuhängen. Das musste ich leider unterbinden, weil ich sonst überhaupt keine freie Zeit und Ruhe mehr hätte und sie auch immer mehr wollten. Ich bin ja nicht ihr Papa, auch wenn ich sie sehr gerne habe. Jetzt ist halt um 19.00 Uhr Schluss.
Die Mutter hat ihr 7. Kind bekommen und über den Vater wird erzählt, dass er nur gut im Bett arbeiten kann. Generell kann ich sagen, dass die ganze Familie grottenfaul ist, nur herum hängt und jammert wie arm sie doch sind. Auf die Frage was sie gestern gemacht haben, kommt eigentlich immer die Standartantwort – nichts.
Genesis hat ihre Tochter Suani schon mit 13 Jahren bekommen und war richtig stolz. Sie wollte mir nicht sagen wer der Vater ist, doch jetzt weiß ich es. Der eigene Vater hat sie vergewaltigt. Ich unterstütze Genesis seit der Geburt ihrer Tochter. Da die Kleine es liebt über den Betonboden der Sonnenschule hin und her zu laufen und ab und zu ihre Marke zu setzen, sorge ich jetzt dafür, dass auch immer Windeln da sind. Auch eine Art Selbstschutz. Wer macht schon gerne Kacke weg. Genesis ist gerade 15 Jahre alt geworden und schon wieder von irgend so einem Schwachmaten Schwanger. Bei ihr hat unsere Aufklärung, erst die Ausbildung dann die Kinder, nichts genutzt. Bei dem Vorbild der Mutter ist es auch schwer. Mal schauen, ob sie ihre Mutter mit der Anzahl der Kinder einholt. Suani ist jetzt zwei Jahre alt und kann schon fünf Wörter sprechen. Zwei davon sind Hallo Frank. Da es mit dem Sprechen aus welchem Grund noch hapert, hat sie ein Schreien entwickelt, der einem zum Mörder machen kann. Sobald das kleine Biest ihren Willen nicht bekommt, Brüllt und Kreischt es los bis alle genervt sind und zurück schreien.
Einmal hat die Familie eine Arbeit etwas außerhalb von Súa bekommen, haben ihre Habe gepackt und sind los. Die zwei Töchter Belinda (9 Jahre) und Grizyeli (10 Jahre) haben sie zurückgelassen. Eine Nachbarin hat zwar nach ihnen geschaut, doch genug zu essen hatten sie nicht und nachts hatten sie auch Schiss alleine im Haus. Ich habe sie dann meist im Frauenhaus schlafen lassen und mich sonst noch viel um sie gekümmert.
Als Genesis ihrem jetzigen Freund das mit der Vergewaltigung erzählt hat, ist der mit dem Vater so aneinander geraten, dass der Genesis Freund mit der Machete ins Gesicht geschlagen hat. Jetzt will die andere Familie den Vater umbringen. Einige Tage liefen alle, wohl zur Abschreckung, mit Macheten herum. Der Vater ist jetzt weg und soll einige Täler weiter wohnen. Die Mutter ist für einige Zeit mit einem Teil ihrer Kinder zu Verwandten nach Guayaquil abgehauen. Zurück sind wieder Belinda und Grizyeli geblieben. Allerdinges wohnt und kümmert sich wohl eine Verwandte um die Beiden.
Die Mutter hat meiner Bekannten Lucetty erzählt, wenn mal kein Geld da ist, muss halt eine Tochter auf den Strich gehen. Das ist zwar keine typische Aguas Frías Familie doch auch keine Seltenheit. Für mich ist es interessant zu beobachten und herauszufinden, warum sie so sind. Jetzt sind jedenfalls Trubel und viel Leben hier. Dauernd sind Verwandte da und es ist ein ständiges Kommen und Gehen.